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Das Mahlen ist des Müllers Lust

Paul Bruckmann hat die Lonnerstädter Mühle wieder zum Leben erweckt

Die Mühle ist der Mittelpunkt einer Gemeinde. Das galt früher. Heute sind Mühlen fast eine Seltenheit, vor allem in ihrem ursprünglichen Zustand. Stattdessen werden die rustikalen Bauten ausgehöhlt und zu Cafés oder Restaurants umgestaltet. Nicht in Lonnerstadt.
Dafür sorgen Müllermeister Paul Bruckmann und seine Familie.

Es kracht und klappert. Die etwa zehn Zuschauer treten einen Schritt zurück. Paul Bruckmann nicht. Er geht noch näher ran und hält sein Ohr an den Schrotgang. Als wäre die hölzerne Maschine mit den zwei versteckten schweren Mahlsteinen nicht schon laut genug. Mit der linken Hand dreht er den Hebelarm. „Jetzt“, sagt der Müllermeister und hört auf zu kurbeln Die Steine sind nun scheinbar nah genug aneinander. Bruckmann füllt Bio-Roggen in die Maschine – und schrotet. Das Klappern wird lauter, unten qualmt es scheinbar. Das Ergebnis sieht fast schon aus wie Roggenmehl. Die Zuschauen sind beeindruckt.

Zuschauer von außerhalb

Über hundert Leute haben bereits am Vormittag den Weg zur Lonnerstäder Kuntsmühle gefunden. Pfingstmontag ist Mühlentag, für Paul und Regina Bruckmann eine Ehrensache. Sie öffnen die Mühle, die sie vor zwei Jahren gekauft haben, gerne. Es sind nicht nur Lonnerstädter, die ihnen die Tore einrennen. „Viele sind von außerhalb“, sagt Regina Bruckmann.

Sie selbst ist Lonnerstädterin. Als Kind hat sie in der Nähe der Mühle Champignons gezupft. An das laute Klappern der Mahlsteine erinnert sich die heutige Gemeinderätin noch. Nun ist sie die „Müllerin“. „Das passt doch perfekt: Ich habe den örtlichen Bezug zu der Mühle, mein Mann den fachlichen.“ Paul Bruckmann ist gelernter Müllermeister – und mehr. Er ist außerdem Mühlenbautechniker, betreibt sein eigenes Geschäft.

"Alles original"

Für den Traum einer eigenen Mühle aber hat er wenige neue Teile angefertigt. „Alles original“, wiederholt er immer wieder, während er die nächste Besuchergruppe durch die Mühle führt. „Wir haben bei der Übernahme ausgemacht, alles so gut wie möglich zu erhalten.“ Daran hält er sich. Die Mühle soll ein Museum sein, soll die Tradition, die in den Stockwerken aus Holz und der Arbeit selber steckt, erhalten.

Irgendwann soll die Mühle aber auch wieder komplett funktionieren. Das hat sich Bruckmann fest vorgenommen. Vier bis fünf Jahre wird das noch dauern, „aber ich habe ja keinen Stress“. Viel Kraft haben er und seine Familie aber schon in die Mühle, die seit 1980 nicht mehr in Betrieb ist, investiert. Kindheitstraum will das Paul Bruckmann zwar nicht nennen. Aber: „Als Müller ist man mit Mühlen verwachsen.“ Das Schicksal der alten Bauwerke liegt ihm deshalb am Herzen. Ungern sieht er Investoren, die sich das Traditionelle der Arbeitsstätten zu Nutze machen, das Handwerk aber nicht immer würdigen. „Die alten Maschinen landen dann im allerschlimmsten Fall auf dem Schrottplatz und aus der Mühle wird ein Restaurant oder ein Café.“

Tausende von Stunden

In Lonnerstadt ist nichts auf dem Müll gelandet. Im Gegenteil: Stolz präsentiert der Müllermeiser sein ältestes Stück: einen Wegmann Walzenstuhl, etwa 50 bis 60 Jahre alt. „Im Originalzustand gibt es davon höchstens noch zehn Stück.“ Bruckmann hat die Maschine, in der mit zwei Walzen aus Porzellan gemahlen wird, vollständig zerteilt, die Originalteile liebevoll restauriert und wieder zusammengesetzt. Wie viel Zeit er insgesamt in die Restaurierung gesteckt hat, kann er nicht sagen. „Tausende von Stunden“, schätzt er. „Ohne die Hilfe meines Schwagers, meiner Familie und unserer Freunde würde das hier sowieso nicht funktionieren.“

Auch der Mühlentag ist Arbeit für den Müller. Immer wieder geht es die schmalen Holztreppen hinauf durch die drei Stockwerke, Bruckmann erklärt, beantwortet Fragen. draußen hilft der Rest der Familie beim Rahmenprogramm: Essen wird verkauft, Brote im alten Holzofen gebacken. Ab und zu rattert es drinnen.

Nur auf der anderen Seite der Mühle sind die Gäste sich selbst überlassen. Dort, gegenüber einer kleinen Bank, rotiert das Wasserrad, das die Bruckmanns bei der Restaurierung eingebaut haben. Das monotone Plätschern hypnotisiert die Mühlenbesucher förmlich. Hier ist es fast still.

Strom von innen

Das Wasserrad arbeitet auch, um die Restaurierung zu finanzieren. Hier produzieren die Mühlenbesitzer jährlich genügend Strom für etwa 14 Haushalte. 30 Jahre aber dauert es noch, bis sich das teure Wasserrad und die dafür notwendigen Umbauten refinanziert haben.

Ihr Hobby kostet die beiden viel Geld. „Aber das ist es wert“, sagt der Müller. Tage wie der Pfingstmontag entschädigen für die Mühen. Denn: „Früher war die Mühle der Mittelpunkt der Gemeinde.“ Und gestern war sie es wieder.


Timo Schickler
Nordbayrische Nachrichten